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IKR Statement // Kreistag lehnt das Bürgerbegehren ab



Liebe Bürgerinnen und Bürger des Landkreises Tirschenreuth, liebe Vertreter der Presse,


ich möchte mich einmal entschuldigen, dass unsere Mitteilung erst so spät erscheint.Vielleicht gibt es die Möglichkeit in Ihrer Berichterstattung Punkte zu ergänzen oder nachzutragen.


Im Anhang finden Sie das ausführliche Statement der IKR-Verteter zur Kreistagssitzung am 17.05.2024 im Landratsamt Tirschenreuth zum Bürgerbegehren, das mit 28:10 Stimmen abgelehnt wurde.



+++ PRESSEMITTEILUNG +++



Tirschenreuth, den 19.05.2024

Kreistag lehnt das Bürgerbegehren ab // Pressemitteilung


FÜNF STUNDEN SITZUNG

Fünf Vertreter der IKR – Notarzt Dr. Wolfgang Fortelny, Notarzt Dr. Bertram Völkl, Fach- und Notarzt Dr. Hans-Jürgen Jokiel, Klaus Gehring (Pflegedienstleiter i. R.) und Medienberater Manuel Jokiel – sowie ca. 50 weitere Zuhörer aus der Bevölkerung besuchten im Großen Saal des Landratsamts Tirschenreuth am Freitag, den 17.05.2024, die Kreistagssitzung zum Bürgerbegehren.


Es referierten vor der Entscheidung des Kreistags zur Zulässigkeit des Bürgerbegehrens in dieser Reihenfolge Dr. Josef Kick als Ärztlicher Leiter Rettungsdienst, ZRF Oberpfalz Nord, Dr. Regina Klakow-Franck, eine „unabhängige“ medizinische Sachverständige aus Berlin, sowie der in Augsburg ansässige Rechtsanwalt Prof. Dr. Fritz Böckh, und stellten ihre Erkenntnisse und Gutachten vor.



KRITIK AM ABLAUF DER SITZUNG

Die gesamte fünfstündige Kreistagssitzung wirkte wie eine Werbeveranstaltung für die Strukturreform der Kliniken Nordoberpfalz AG unter Aufsicht von Herrn Hoffmann.

Warum hatte man den dritten Referenten, Rechtsanwalt Prof. Dr. Fritz Böckh, der nach geschlagenen drei Stunden seine Ausführungen zur Rechtmäßigkeit des Bürgerbegehrens präsentierte, nicht als ersten sprechen lassen?


Die beiden vorherigen Referenten Dr. Kick und Dr. Klakow-Franck lenkten den Fokus in vielen Punkten von den eigentlichen Kernthemen weg und gingen dann auf Themen und Beispiele ein, welche die Kliniken Nordoberpfalz AG gut dastehen lassen, haben dabei aber oft das Thema verfehlt und Fakten unterschlagen. Inhaltliche Nachfragen der Fraktionen zielten auch oft in eine völlig fokusfremde Richtung. Man hält den Bürgerinnen und Bürgern weiterhin den politischen Zerrspiegel vor, der einfach nicht die (ganze) Realität abbildet.


Zusammengefasst: Drei Stunden „unnötiges Gerede“, das man sich hätte schenken können, dann erst die Begründungen zur Zulässigkeit des Bürgerbegehrens.



KRITIK AN DER AUSWAHL DER REFERENTEN

Der Kreistag muss unserer Auffassung nach die Kompetenz seiner Justiziare schon sehr anzweifeln, dass man extra den in Augsburg tätigen Rechtsanwalt Herrn Prof. Dr. Fritz Böckh heranziehen musste, um die Zulässigkeit unseres Bürgerbegehrens zu beurteilen.


Bei allen drei Referent:innen – insbesondere Frau Dr. Klakow-Franck und Prof. Dr. Fritz Böckh – sind wir nicht sicher, wie „unabhängig“ die Argumentationen tatsächlich waren. so glasklar pro Kliniken Nordoberpfalz AG waren sie ausgelegt. Man könnte hier auch die Frage einer „Befangenheit“ der Referenten stellen.


ZU DEN AUSFÜHRUNGEN VON HERRN DR. KICK

Von Herrn Dr. Kicks Vortrag waren wir besonders enttäuscht, weil an unserem Anliegen komplett vorbeiargumentiert wurde. Es gab unsererseits nie etwas an der in Bayern geltenden 12-Minuten-Hilfsfrist (Vom Notruf bis Eintreffen Rettungswagen am Einsatzort) zu kritisieren oder diskutieren, sondern es ging uns schon immer nur darum: Wie lange dauert es, nachdem der Patient am Unfallort versorgt wurde, das nächste Akut-Krankenhaus oder die nächste Notaufnahme zu erreichen.


Zweitens wird bei den „zeitkritischen Diagnosen“ nur auf „Tracer-Diagnosen“ verwiesen wie Herzinfarkt, Schädel-Hirn-Trauma, Polytrauma und Schlaganfall, die bisher sowieso in Weiden behandelt wurden. Das haben wir auch nie bestritten!


Aber in keiner der Ausführungen dieser Sitzung oder früher wurde jemals im selben Zug auch über die nicht weniger schlimmen „zeitkritischen Diagnosen“ gesprochen wie Lungenembolie, akute gastrointestinale Blutung, Kreislaufinstablilität, drohender Geburtsstillstand mit Gefahr für das Leben von Mutter und Kind, Blutvergiftung, antiseptischer Schock, Erstversorgung bei Verblutungsgefahr. Das sind die eigentlichen Fälle, auf die unser Augenmerk lag. Hier konnten bisher diese Fälle in Tirschenreuth bestens versorgt werden und aktuell eben nicht mehr, da die Notaufnahme und die Hintergrundversorgung wie etwa Intensivstation, Röntgen, CT etc. fehlen.


Um diese eben genannten Symptomatiken ist es uns gegangen, nicht um Tracer-Diagnosen. Das wurde taktisch bewusst unter den Teppich gekehrt. Wenn ein Patient mit einer Tracer-Diagnose aus z. B. Mähring instabil ist, und es geht um Leben und Tod, kann man ihn nicht nach Weiden bringen oder auf einen Hubschrauber mit Flug zur nächsten Spezialklinik warten, denn dann ist er tot. Dann wird er zur Stabilisierung in die nächstgelegene Klinik gefahren – das war bis zum 27.03. das Haus in Tirschenreuth.


Und das ist der Punkt, den Herr Helmut Zeitler (SPD) in seiner Zwischenfrage gemeint hat. In so einem Ernstfall sind die Leitlinien zweitrangig, danach kann der Patient immer noch weiterverlegt werden.



ZU DEN AUSFÜHRUNGEN VON DR. REGINA KLAKOW-FRANCK

Frau Dr. Regina Klakow-Franck hat bei unserer Recherche die Arbeit mit dem allgemein anerkannten und von sämtlichen Mitarbeitern aus dem Medizinbereich empfohlenen Tool „GKV-Kliniksimulator“ bemängelt.


Wie sie selbst zugibt, wird mit diesem Tool bundesweit kalkuliert, um die Sicherstellungszuschläge gemäß den Vorgaben des Gemeinen Bundesausschusses zu errechnen.


Es ist auch völlig egal wie hoch die Anzahl der betroffenen Bürger ist, die von einer 30-Minuten-Erreichbareit eines Akut-Krankenhauses oder einer Notaufnahme entfernt sind. Es ist nicht die Aufgabe der Zulassungsprüfung zu klären, ob diese 30-Minuten-Frist wirklich rechtlich bindend ist oder nicht, sondern es geht hier rein um den Willen der Bevölkerung. Nicht mehr und nicht weniger!


Frau Dr. Regina Klakow-Franck hat selbst eine Simulation präsentiert, die auch nicht in Einzelheiten nachprüfbar ist. Welcher Messpunkt in den Gemeinden Mähring und Bad Neualbenreuth wurde beispielsweise für die Entfernung verwendet?

Sehr irritiert hat auch die zur MVZ gezeigte Folie, in der besonders herausgestellt wurde, dass sie „ganzjährig geöffnet“ ist. Das beschreibt eigentlich schon die ganze Qualität des Vortrags. Oder deutet dies schon auf zukünftige Pläne hin, die MVZ nur noch saisonal zu betreiben?



ZU DEN AUSFÜHRUNGEN VON RECHTSANWALT DR. FRITZ BÖCKH

Wir haben bereits intern diskutiert, dass das Bürgerbegehren aufgrund der Verflechtung mit zwei weiteren Gesellschaften und der Kliniken Nordoberpfalz AG unter Umständen Schwierigkeiten geben kann. Das akzeptieren wir natürlich auch.


Wir sehen trotz des Versuchs das Gegenteil zu behaupten, den Landkreis gemäß Art. 53 Absatz 3 der Bayerischen Landkreisordnung in der Pflicht, „die erforderlichen Krankenhäuser zu errichten und zu unterhalten“. Wenn der Landkreis die Versorgung an ein Klinikunternehmen überträgt, das die Mindeststandards (z. B. die Erreichbarkeit der Notfallversorgung) nicht einhält, bleibt die Verantwortung beim Landkreis, das Klinikum setzt sie lediglich um oder – wie im Landkreis Tirschenreuth – nicht um. Deshalb hat der Landkreis entweder das Klinikum Nordoberpfalz AG zur Einhaltung der Basisnotfallversorgung zu veranlassen, oder eine alternative Basisnotfallversorgung binnen 30 Fahrzeitminuten sicher zu stellen.


Aber, dass bei unseren Begründungen allem voran die Zahlen aus dem GKV-Tool so in den Vordergrund gestellt wurden, haben wir als unangemessen empfunden.


Unser Punkt „mögliche Starteinschränkungen in der Nacht für Helikopter“, der ebenfalls kritisiert wurde, hat sich durch eine Nachfrage aus dem Gremium selbst erledigt. Helikopter sind in der Praxis nicht schneller oder besser als ein Rettungswagen. Es muss schließlich auch immer eine Landemöglichkeit geben. In dichter besiedelten Gebieten kann dieser auch weiter vom Einsatzort entfernt sein. Es steht auch dann oft ein RTW bereit, der den Transport zwischen Landeplatz und Unfallort überbrückt, wenn dies nicht zu Fuß geschieht. Was durch die Flugzeit kompensiert wird, gleicht sich durch den Fußweg der Einsatzkräfte oder die Fahrzeit des RTW mit Übergabe wieder aus.


Was jedoch als gültig oder zumindest nicht als ungültig erachtet wurde, ist unsere Auffassung, dass die Gesundheitsversorgung im Landkreis Tirschenreuth aktuell eine Ungleichstellung zwischen ländlichen und städtischen Räumen erfährt laut Grundgesetz. Der Art 2. Abs. 2 GG beschäftigt sich mit der körperlichen Unversehrtheit und Art. 3 mit der Gleichstellung von Menschen unter anderem verschiedener Heimat (in unserem Fall Diskrepanz zwischen ländlichem Raum und Stadt). Dieser Auffassung sind wir auch weiterhin.



ZUR ABLEHNUNG DES BÜRGERBEGEHREN ALLGEMEIN

Mit 28 zu 10 Stimmen ist das Bürgerbegehren von den Mitgliedern der Fraktionen des Kreistags abgelehnt worden.

Dafür stimmten Döhler Thomas, Zeitler Helmut, Scharf Brigitte, Brandl Hans (SPD), Schuller Norbert, Burger Johann, Zölch Hans (Freie Wähler), Dutz Toni, Grillmeier Stefan (CSU) sowie Fick Hans (Zukunftsliste).

Das Bürgerbegehren ist in Bayern ein hohes Rechtsgut. Es ist auch so ausgelegt, dass Nicht-Juristen dieses Begehren auf den Weg bringen können.

Im Bezug auf die Landkreisordnung Bayern ist jedoch unbedingt darauf hinzuweisen, dass dieses die unterste Ebene der Rechtsprechung ist und Vorrang hat vor Verträgen jeglicher Art. Der Vertrag mit der Kliniken Nordoberpfalz AG könnte demnach auch gesetzeswidrig sein.


ZUM 7-PUNKTE-PAPIER

Frei nach dem Motto „Wenn ich nicht mehr weiter weiß, gründ‘ ich einen Arbeitskreis“, vertröstet man die Bevölkerung auf ein paar warme Worte und einer Liste von Punkten, die Gesundheitsversorgung des Landkreises in Zukunft verbessern zu wollen.


Hier wurde als 5. Punkt angeführt, eine Arbeitsgruppe mit Vertretern/innen der Fraktionen, der Kliniken Nordoberpfalz AG, Notärztinnen und Notärzten, niedergelassenen Ärzten, KVB, ZRF und Personen mit medizinischer Fachkompetenz einzurichten zu wollen.


Wir würden uns über solch ein Vorhaben freuen, zumal es uns bereits im Dezember schon angeboten worden ist, aber passiert war nichts.


Wir sind gerne Teil dieses Gremiums unter der Voraussetzung eines echten Mitspracherechtes – und nicht nur einer Meinungsabgabe.




Initiative Klinik Retten



+++ ENDE PRESSEMITTEILUNG +++



Diese Mitteilung finden zum Download als PDF:




Danke und weiterhin schöne Pfingsttage

Team von Initiative Klinik Retten



von Initiative Klinik Retten | 19.05.2024

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